Donnerstag, 6. Dezember 2012

Wie gehts Dir so?

Ich werde aus Deutschland immer wieder gefragt, wie es mir denn so gehe nach dem ersten vollen Jahr in Australien.

In einer Email schrieb ich neulich:

"Ich muss mein Deutsch-Sein einfach bewusst ueber den Haufen schmeissen und mich in den Strom des "everything goes" reinschmeissen, da geht dann Plastikweihnachtsbaum und Kitschgeschmuecke und alles Weitere auch. Relax, take it easy, she'll be right. Die Australier sind einfach ziemlich entspannt. (...)"

Weitere Eindruecke von mir, die die Stimmung etwas einfangen:


Man ist hier offener fuer Neues als in Deutschland. Man akzeptiert, dass andere anders sind, jedenfalls wird nicht so offen ueber Leute getuschelt oder gemotzt. Ueberhaupt wird nicht viel gemotzt, sondern wenn ueberhaupt, dann eher verhalten kritisiert. Privatsphaere wird sehr geachtet. Leben und leben lassen. Das empfinde ich als entspannter als in Deutschland.

Man ist weniger mit den Weltproblemen konfrontiert als in Deutschland. In Deutschland wird man so zugeflutet mit Information ueber alles und jeden in der Welt. Hier muss man sich eher ein bisschen auf die Suche machen, wenn man was wissen will. Lokales wird breitgetreten, Weltnachrichten werden kuerzer abgearbeitet. Politische Talkshows im Fernsehen werden sehr aufmerksam verfolgt und im Alltag besprochen. Auch Zeitungsartikel. Alles ist ueberschaubarer!

Es fehlt hier die Liebe zum Detail. Alles funktioniert irgendwie, aber eben nicht RICHTIG. Haeuser sind schlampig gebaut, nicht isoliert (Hitze im Sommer, wirklich kuehl im Winter!), die Zwischenwaende im Haus sind aus Regips, Wasserhaehne wackeln, die Tueren schliessen oft nur schwer, es ist nichts solide durchdacht. Da sind die Deutschen wohl nicht zu toppen. Warum liegt Muell am Strassenrand und wird von Passanten nicht aufgehoben?

Insgesamt denken Australier, dass es herrlich ist in Europa, so interessant, aber sie wollen doch alle viel lieber hier wohnen. Sie denken, dass Australien ein wunderbarer Ort zum Leben ist. Man lobt sich sehr viel selber, die Schulen beweihraeuchern sich foermlich. Kritik, auch Selbstkritik, wird halt nicht so grossgeschrieben wie in Deutschland. Eben nach dem Motto: "All is good, she'll be right, mate!"

Im Moment schaffe ich es, mich mehr zurueckzulehnen und zu geniessen, was geht. Freundschaften entwickeln sich. Die Kinder haben sich gut eingelebt. Wir haben Arbeit. Nach gut einem Jahr finde ich das keine schlechte Zwischenbilanz, was meint Ihr?

1 Kommentar:

  1. Ist schon schwer, irgendwelche Unterschiede zu Neuseeland herauszulesen... Aber ich denke wir müssen unser Deutschsein nicht über den Haufen schmeissen; lieber einer der vielen bunten Mosaiksteine sein!
    Matthias

    AntwortenLöschen